GST 1. Tag: Start und Rennen

Rollercoaster-Feeeling auf dem Kolonnenweg

Die Nacht war unruhig. Ich bin ziemlich angespannt, ob ich mich mit dem Vorhaben nicht etwas verhoben habe und ob ich an alles gedacht habe. Wir brechen frühmorgens in Hof auf, und meine Freundin bringt mich mit dem Auto das letzte Stück bis zum Dreiländereck, wo der Start der Grenzsteintrophy traditionell stattfindet. Wegen Corona gibt es keinen gemeinsamen Grand Départ, sondern die Fahrer starten ab 8:00 Uhr im Viertelstundentakt nacheinander.

Insgesamt starten 24 Fahrer:innen. Ich bin gespannt, wie viele in Priwall ankommen werden.

GST-Start am Dreiländereck

Der Start verläuft etwas chaotisch, da nicht alle Fahrer aus Richtung des Soldatengrabes kommen, sondern aus der Startrichtung, wo einige die vergangene Nacht auf einem Feld campiert haben. Gefühlt ist es ein Kommen und Gehen, aber der Haupt-GST-Organisator Gunnar behält die Ruhe, macht Fotos von allen Fahrern und ihren Mountainbikes, um sie anschließend auf die Strecke zu schicken. Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich die Fahrräder und Ausrüstungen sind. Von absolut minimalistischer Ausstattung (quasi nur Schlafsack, Isomatte und zwei Trinkflaschen) bis zur Vollausstattung mit Zelt, Kocher und Verpflegung ist alles vertreten. Ich gehöre eher zur letzten Fraktion, mein Rad wiegt insgesamt rund 25 Kilogramm. Aber ich kenne die Strecke nicht, und die Verpflegungssituation während des Lockdowns ist ungewiss,

Dann geht es rasant los. Alle geben Vollgas, weil natürlich keiner vom nachfolgenden Fahrer:innen sofort überholt werden möchte. Ich verliere direkt auf den ersten zwei Kilometern meine Sonnenbrille und meinen Bananenvorrat, der hinten auf der Arschrakete befestigt war, die nun übrigens auf dem Hinterrad schleift. Ich muss anhalten und verzurre meine Taschen noch einmal richtig fest. Mir dämmert langsam die Erkenntnis, dass die Tour noch ruppiger werden könnte, als gedacht.

Dann geht es schnell weiter. Ich ahne, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit viel zu schnell ist, aber ich möchte mich zumindest im Mittelfeld halten, was mir auch gelingt.

Der Rest des Tages fliegt an mir vorbei. Es sind immer wieder Rollercoaster-Passagen des Kolonnenweges, die man in einem Affenzahn herunterbrettert, um bei der nächsten Steigung wieder möglichst weit hochzukommen. Manchmal schafft man es, manchmal nicht. Und dann wird geschoben. Die zweite Erkenntnis ist, dass Schieben als fester Bestandteil der Tour zu akzeptieren ist. Jeder Fahrer schiebt, die Frage ist nur, ab welchem Punkt der Steigung. Der Kolonnenweg nimmt keine Rücksicht auf die Topografie und schlängelt sich gnadenlos über die kleinen, steilen Hügel.

Hügel für Hügel auf dem Kolonnenweg

Insgesamt ist der erste Tag jedoch kurzweilig. Vereinzelt treffen sich noch Fahrer:innen und fahren eine zeitlang zusammen, bevor wieder jeder sein Tempo fährt. Ein kurzes Stück fahre ich gemeinsam mit Mathias Müller, dem Chefredakteur von Bike Bild. Während ich schon kämpfe, fährt er Vollspeed einhändig, filmt mit seiner GoPro und dokumentiert das Rennen. Unglaublich, ich bin echt beeindruckt.

Irgendwann sind meine Akkus durch die Raserei des ganzen Tages leer. In einem Teilstück der Tour, die durch ein mit kleinen Tannen völlig zugewachsenes Wegstück führt, bin ich schließlich so genervt, dass ich beschließe, neben dem Weg mein Nachtlager aufzuschlagen. Es dämmert schon und ich baue mein kleines Einmannzelt auf einer kleinen, grasbewachsenen Lichtung auf. Ich weiß noch nicht, dass dies die beste Nacht der Tour sein wird.

Als ich im Dunkeln im Zelt liege, höre ich noch andere Fahrer auf der Strecke an mir vorbeifahren. Mir schwant, dass ich meinen Schlaf in den nächsten Tagen reduzieren muss, um nicht im hinteren Feld zu landen.


Tagesdistanz: 98,11 km

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