Im Angesicht der dürftigen Windaussichten für Himmelfahrt, war die Motivation hoch das letzte kleine Windfenster am Mittwochmorgen zu nutzen.
Und das frühe Aufstehen hatte sich gelohnt. Als wir um sieben Uhr am Strand in Kalifornien standen, wurden wir mir knapp einem Meter hohen Wellen und konstantem Westwind belohnt.
Wir nutzten den Vormittag, um einmal drei völlig verschiedene Surfboardtypen und -bauarten zu fahren und miteinander zu vergleichen.
Kalifornien am Morgen
Wir hatten wirklich Glück mit dem Wetter. Als wir kamen war der Himmel noch leicht wolkenverhangen und die Sonne blinzelte nur zaghaft durch vereinzelte Wolkenlöcher.
Aber kaum hatten wir unsere Kites aufgebaut, verzogen sich die Wolken und wir hatten einen herrlichen blauen Himmel.
Und hey, es wird wärmer! Nach rund einer halben Stunde auf dem Wasser, musste ich die Neoprenhaube abziehen, weil es mir zu heiß wurde. Ende Mai wird es auch langsam Zeit…
Die Boards
Wir hatten eine spannende Auswahl an Surfboards dabei. Vom Volumen her sind die Bretter relativ ähnlich, aber die Shapes und Bauweisen unterscheiden sich sehr deutlich.
Das 5,8’er in der Mitte ist langjähriger Begleiter und mittlerweile quasi mein Referenz-Board. Es ist ein echter Allrounder, extrem unkompliziert zu fahren und macht eigentlich immer Spaß. Es besitzt eine Hollow-Wood-Konstruktion und sowohl die Rippenkonstruktion als auch die Decks sind aus Pappelsperrholz. Übrigens ohne Glasfaserlaminat, nur mit Bootslack versiegelt! Hält seit 2 Jahren!
Das 5,6’er Fish auf der rechten Seite war ein Experiment. Ein Chambered Surfboard aus Fichtenholz. Fichtenholz gibt es überall, es ist relativ leicht und wächst auch bei uns. Leider wurde es trotz intensiven Aushöhlens doch zu schwer, sieben Kilogramm sind leider auf Dauer inakzeptabel.
Der Exot ist das 6,2′ Shortboard von meinem Freund Andreas. Ein klassischer Wellenreiter mit Schaumkern und Polyesterlaminat. Extrem leicht, aber auch sehr empfindlich. Absolutes Sprungverbot von Andreas… :-)
5,6 Chambered Fish aus Fichtenholz
Aufsteigen und wohlfühlen. Abgesehen von der Beschleunigungsschwäche durch das spurbar hohe Gewicht, macht der kleine Fish richtig Laune. Wenn er einmal in Fahrt ist, ist er superwendig und agil. Durch den kompakten Shape (relativ kurz, hohe Breite, parallele Rails) muss man seine Standposition nicht groß variieren. In diesem Aspekt ähnelt das Board stark modernen Vanguard-Shapes.
Ich muss zugeben, die Fish-Form hat es mir angetan. Ich habe das Gefühl, dass ich die ganze Zeit mit breitem Grinsen mit dem kleinen Board herum gefahren bin. Das schreit nach einer Neuauflage mit einer leichteren Bauweise!
6,2 Shortboard aus Polyester/EPS-Kern
Der Wechsel vom schweren Fish (7 kg) auf das schlanke, leichte Shortboard (ca. 2,5kg) war extrem. Ich hatte das Gefühl, ich steige auf eine Rakete…die allerdings nur in eine Richtung fliegt.
Nach einigen Schlägen hatte mich an das andere Fahrgefühl gewöhnt und begriffen, dass ohne Gewichtsverlagerung gar nichts geht. Sobald man aber den hinteren deutlich mehr belastet (30% vorne, 70% hinten), ging der Wellenreiter auch rund durch die Halsen. Dann muss der Fusswechsel aufgrund der geringen Breite aber flink vonstatten gehen.
Man merkt, dass der Wellenreiter für größere Wellen gedacht ist. In den kleinen Ostseewellen benötigt man mehr Agilität und man muss schnell reagieren, um jederzeit die Wellen-Chancen nutzen zu können, die sich spontan ergeben.
5,8 Hollow-Wood-Directional aus Sperrholz
Als Abschluss noch ein paar Wellen mit dem bewährten 5,8’er. Ich war schon ziemlich kaputt, aber mit diesem Board fährt man wie mit Autopilot. Halsen, Wellenabreiten, Höhe laufen – alles funktioniert, ohne dass man sich dabei groß anstrengen muss.
Fazit
Ich kann jedem nur empfehlen auch mal öfters andere Board auszuprobieren. Auch wenn generell alles fährt – und ich meine wirklich alles. Meiner Meinung nach gibt es nur in Ausnahmefällen Boards, die man als schlecht bezeichnen kann. Jeder Shape hat Vor- und Nachteile, und Shapen ist die Kunst, den besten Kompromiss für die eigenen Fahrstil, das persönliche Gewicht und den passenden Spot zu finden.
Beim Testen macht es einfach Spaß die unterschiedlichen Charaktere der Boards zu spüren, die kleinen Unterschiede zu entdecken und Rückschlüsse auf die Shapes zu schliessen.
Mein Fazit nach dem heutigen Vormittag ist überraschend eindeutig.
Der Fish hat mir trotz seines Gewicht-Handicaps am meisten Spaß gemacht. Der klassische Fish-Shape funktioniert in den kleinen Ostseewellen ziemlich gut. Und er bietet eine schöne, klassische Alternative zu den Vanguard-Shapes, die man hier häufig sieht.
Auf den 6,2’er Wellenreiter war ich sehr gespannt. Und das Fahren war sehr lehrreich. Man merkte ganz eindeutig, dass das Shortboard für größere Wellen gedacht ist. Das Hakenschlagen in kleinen Ostseewellen und Kabbel sind nicht seine Welt. Aber man merkt auch, dass das Board sehr aggressiv gefahren werden kann, wenn man nur energisch genug hinten rein tritt und das Tail belastet. Leider es ist megaempfindlich. Da lobt man sich ein Holzdeck, auch wenn es etwas mehr wiegt.
Den 5,8’er empfand ich nach Fish und Shortboard tatsächlich etwas langweilig. Es war ernüchternd nach dem flinken Fish und der Polyester-Rakete den problemlosen Allrounder zu fahren. Das war wie VW Golf fahren, eine Vernunftssache aber nicht wirklich sexy.
Zum Glück habe ich in der Werkstatt schon zwei Boards in Vorbereitung – ein (leichter) Fish und ein Nachfolger für meinen schlanken 5.10’er. Das wird ein sexy Sommer!
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